Katzentraining: Die Kraft der Lerntheorien
Die klassische Konditionierung
Theorie zur klassischen Konditionierung:
Die klassische Konditionierung ist eine Lerntheorie, die sich mit dem Verhalten von Menschen und Tieren befasst. Ein bekanntes Beispiel dafür ist der pawlowsche Hund. Dabei lernt der Hund, auf ein bestimmtes Signal eine bestimmte Reaktion zu zeigen. Dies beginnt mit einem natürlichen Auslöser, der eine angeborene Reaktion hervorruft. Dann lernt das Individuum, auch auf einen anderen Reiz ähnlich zu reagieren, indem beide kurz hintereinander gezeigt werden. Der neutrale Reiz wird dann zum Auslöser der gewünschten Reaktion, ohne dass der natürliche Reiz vorhanden ist.
In einfachen Worten ausgedrückt, lernt das Individuum, auf ein neues Signal ähnlich zu reagieren wie auf ein bekanntes Signal.
Ein gutes Beispiel für klassische Konditionierung bei Katzen ist das Geräusch, das beim Öffnen einer Futterdose entsteht. Dieses Geräusch wird oft mit dem bevorstehenden Essen verbunden. Anfangs reagiert die Katze vielleicht nicht besonders darauf. Doch nachdem dieses Geräusch mehrmals vor dem Füttern gehört wurde, verknüpft die Katze es mit der bevorstehenden Mahlzeit. Schließlich genügt allein das Geräusch, um die Katze dazu zu bringen, sofort zu dem Ort zu laufen, wo sie ihr Futter bekommt. Das zeigt, wie die klassische Konditionierung das Verhalten einer Katze beeinflussen kann, indem sie lernen, bestimmte Reize mit Ereignissen zu verbinden.
Beim Training von Katzen wird oft ein Clicker verwendet, der über die klassische Konditionierung mit einer Belohnung verbunden ist. Der Clicker ist ein einfaches Werkzeug, das ein deutliches Klickgeräusch erzeugt. Wenn die Katze ein gewünschtes Verhalten zeigt, wird unmittelbar nach diesem Verhalten der Clicker betätigt, gefolgt von einer Belohnung wie Futter. Durch diese Kombination verknüpft die Katze das Klickgeräusch mit der Belohnung. Mit der Zeit lernt sie, dass das Klickgeräusch bedeutet, dass sie etwas richtig gemacht hat und eine Belohnung erwarten kann. Auf diese Weise wird der Clicker zu einem Signal für die Katze, dass sie das gewünschte Verhalten zeigt und eine positive Konsequenz folgt. Dies ermöglicht eine effektive Kommunikation zwischen Mensch und Katze während des Trainings und beschleunigt den Lernprozess.
Pawlow sitzt übrigens immer auf unserer Schulter: Klassische Konditionierung ist ein alltäglicher Teil des Lebens, oft sogar unbewusst. Ein Beispiel aus der Katzenwelt für unbewusste klassische Konditionierung ist das Verhalten von Freigängerkatzen in Bezug auf bestimmte Tageszeiten. Wenn eine Katze regelmäßig zur gleichen Zeit nach draußen gelassen wird und dort positive Erfahrungen wie Jagd oder Erkundung erlebt, kann sie unbewusst lernen, dass diese Tageszeit mit aufregenden Abenteuern verbunden ist. Als Folge davon könnte die Katze zu dieser Zeit ungeduldig oder aufgeregt werden und darauf drängen, nach draußen gelassen zu werden, auch wenn es keinen offensichtlichen Grund dafür gibt. Dies verdeutlicht, wie Katzen durch wiederholte Erfahrungen und zeitliche Assoziationen klassisch konditioniert werden können, um bestimmte Verhaltensweisen zu zeigen.
Die operante Konditionierung
Operante Konditionierung bedeutet, dass das Verhalten einer Katze durch Belohnungen oder Bestrafungen beeinflusst wird. Wenn eine Katze etwas Gutes tut und dafür belohnt wird, wird sie es wahrscheinlich wieder tun. Zum Beispiel, wenn eine Katze in die Transportbox geht und daraufhin ein Leckerli bekommt, wird sie wahrscheinlich zukünftig auch in die Transportbox gehen. Das nennt man positive Verstärkung. Wenn eine Katze etwas Schlechtes tut und eine unangenehme Folge erlebt, wird sie wahrscheinlich versuchen, das Verhalten zu vermeiden. Zum Beispiel, wenn eine Katze auf den Tisch springt und daraufhin mit einem lauten „Nein!“ vertrieben wird, wird sie es wahrscheinlich vermeiden, wieder auf den Tisch zu springen. Das nennt man positive Bestrafung.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Wahrnehmung einer Belohnung oder Bestrafung individuell ist und nicht die Sicht des Menschen dazu zählt sondern die Sicht der Katze. Eine Katze entscheidet für sich, was sie als Bestrafung oder Belohnung ansieht. Manche Katzen werden beispielsweise ungern gestreichelt, der Mensch streichelt vermutlcih gerne seine Katze. Dies ist ein typisches Beispiel für eine unterschiedliche Sicht. Für die Katze ist es eine Bestrafung, aus Menschensicht eine Belohnung. Was für eine Katze als Belohnung oder Bestrafung angesehen wird, kann je nach Situation variieren.
Arten des Katzentrainings
Targettraining:
Das Wort „Target“ stammt aus dem Englischen und bezeichnet im Tiertraining ein bestimmtes Ziel. Es gibt viele verschiedene Dinge, die als Target verwendet werden können, und verschiedene Ziele können für verschiedene Verhaltensweisen genutzt werden.
Zum Beispiel können Bodentargets verwendet werden, um einer Katze beizubringen, sie mit ihrer Pfote zu berühren, oder ein „Nasentarget“, um sie dazu zu bringen, es mit ihrer Nase zu berühren.
Targets können im Training für verschiedene Aufgaben eingesetzt werden, wie zum Beispiel zur Vorbereitung auf medizinische Untersuchungen, Gymnastikübungen und vieles mehr. Praktisch alles, was für die Katze möglich ist, kann trainiert werden. Man kann sogar eigene Körperteile als Target verwenden.
Beim Training auf Distanz, wie zum Beispiel beim Beibehalten einer Sitzposition während Dinge zur Ablenkung bewusst eingebaut werden, können Bodentargets als Hilfsmittel verwendet werden, um der Katze zu zeigen, wo sie bleiben soll.
Das Schöne am Targettraining ist, dass es sowohl dem Menschen als auch der Katze viel Freude bereiten kann und das Training erleichtert.
Freies Formen:
Beim freien Formen in der Katzenwelt handelt es sich um eine Art des Clickertrainings, bei dem der sekundäre Verstärker (das Klicken des Clickers oder ein Markerwort) unverzichtbar ist. Während dieser Trainingsmethode erhält die Katze keine zusätzlichen Hinweise außer dem Klick des Clickers oder dem Markerwort sowie ihrer Belohnung in Form von Leckerchen.
Der Trainer sollte beim freien Formen die Belohnungskriterien sehr präzise kennen, um die Katze schrittweise zum gewünschten Verhalten zu führen. Man kann beispielsweise einen Gegenstand in das Training einbeziehen oder Verhaltensweisen formen, die die Katze mit ihrem Körper ausführt, wie Nicken oder Hochspringen. Es ist entscheidend, dass der Trainer die Fortschritte der Katze würdigt und sie für kleine Zwischenerfolge belohnt, um Frustration zu vermeiden.
Das freie Formen mit einem Gegenstand ist einfacher und sollte die erste Wahl sein, wenn man diese Methode ausprobieren möchte. Die Kreativität des Trainers kann dabei voll zum Ausdruck kommen und das Training kann sowohl Mensch als auch Katze viel Freude bereiten.
Für die Katze ist das freie Formen sehr konzentrationsintensiv, da sie kontinuierlich nachdenken und selbstständig herausfinden muss, was sie tun muss, um Erfolg zu haben. Der Trainer sollte einfühlsam sein und besonders auf mögliche Anzeichen von Überforderung bei der Katze achten.
Es ist ratsam, im Voraus gut zu überlegen, welche Verhaltensweisen von der Katze erwartet werden, um während des Trainings angemessen reagieren zu können. Wenn die Katze dann einen kleinen Durchbruch im Training erreicht, kann man dies mit einer besonderen Belohnung, beispielsweise einem Jackpot aus mehreren Leckerchen, feiern!
Locken:
Das Locken ist ein nützliches Werkzeug, insbesondere zu Beginn eines Trainings mit Katzen. Wenn beispielsweise das Sitzen beigebracht werden soll, kann man im ersten Schritt ein Leckerchen vor die Nase der Katze halten und es leicht nach oben über ihren Kopf führen. Viele Katzen setzen sich automatisch hin, um dem Leckerchen zu folgen, und können dann in dieser Position belohnt werden. Ebenso kann das Locken verwendet werden, um eine Katze dazu zu bringen, einer Hand zu folgen. Es gibt verschiedene Übungen, bei denen das Locken am Anfang hilfreich ist. Dennoch ist es wichtig, das Locken im Laufe des Trainings zu reduzieren, damit die Katze das Verhalten richtig lernt und nicht nur auf das Leckerchen fixiert ist oder die Übung nur ausführt, wenn sie die Belohnung sieht.
Verhalten einfangen:
Bei dieser Methode steht die Lenkung der Aufmerksamkeit auf das gewünschte Verhalten der Katze im Vordergrund. Oft konzentriert man sich nur auf das Verhalten, das vermieden werden soll. Doch jetzt hat man die Möglichkeit, das gewünschte Verhalten zu stärken, damit die Katze es von selbst häufiger zeigt.
Ein gutes Beispiel im Rahmen einer Disharmonie im Mehrkatzenhaushalt gibt das Verhalten beim Vorliegen eines Klomobbing. Wenn eine Katze üblicherweise eine andere Katze auf dem Klo mobbt und dies dann einmal nicht tut, können wir das mit einem Markerwort/Clicker einfangen und belohnen. Dadurch wird die Katze zunehmend aufmerksamer, da sie merkt, dass sich das Verhalten lohnt.
Auch bei Begegnungen mit anderen Katzen im Haushalt, welcher von Disharmonie geprägt ist, kann man freundliches Verhalten verstärken. Dabei sollte man jedoch keine Leckerchen zur Belohnung geben, um mögliche Ressourcenverteidigung zu vermeiden. Stimmliches Lob kann ebenfalls das nette Verhalten der Katze verstärken. Dies sind nur einige Beispiele, welche Verhaltensweisen man einfangen und belohnen kann.
Gewöhnung und Gegenkonditionierung
Gewöhnung und Gegenkonditionierung sind zwei wichtige Methoden im Tiertraining, insbesondere bei der Verhaltensmodifikation.
Gewöhnung und Gegenkonditionierung sind wichtig, weil sie dazu beitragen, unerwünschte Verhaltensweisen bei Tieren zu reduzieren oder zu eliminieren und das Wohlbefinden des Tieres zu verbessern. Hier sind einige Gründe, warum diese Methoden wichtig sind:
Verbesserung des Wohlbefindens: Tiere, die unter Ängsten, Phobien oder Stress leiden, haben ein eingeschränktes Wohlbefinden. Durch Gewöhnung und Gegenkonditionierung können wir dazu beitragen, dass Tiere sich sicherer und entspannter fühlen, indem wir negative Assoziationen mit bestimmten Reizen oder Situationen reduzieren oder eliminieren.
Verbesserung der Lebensqualität: Tiere, die an unerwünschten Verhaltensweisen leiden, können unter einer eingeschränkten Lebensqualität leiden. Indem wir diesen Tieren helfen, ihre Ängste oder Verhaltensprobleme zu überwinden, verbessern wir ihre Lebensqualität und ermöglichen es ihnen, ein glücklicheres und erfüllteres Leben zu führen.
Reduzierung von Stress und Angst: Ungelöste Verhaltensprobleme können zu chronischem Stress und Angst bei Tieren führen, was sich negativ auf ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden auswirken kann. Gewöhnung und Gegenkonditionierung helfen dabei, diese negativen Emotionen zu reduzieren und eine positive emotionale Reaktion auf bestimmte Reize oder Situationen zu fördern.
Stärkung der Mensch-Tier-Beziehung: Durch den Einsatz von Gewöhnung und Gegenkonditionierung können Besitzer eine positive und vertrauensvolle Beziehung zu ihren Tieren aufbauen. Indem sie ihren Tieren helfen, ihre Ängste zu überwinden und unerwünschte Verhaltensweisen zu ändern, stärken sie die Bindung und das Vertrauen zwischen Mensch und Tier.
Insgesamt sind Gewöhnung und Gegenkonditionierung wichtige Werkzeuge im Tiertraining, um das Wohlbefinden von Tieren zu verbessern, ihre Lebensqualität zu erhöhen und eine positive Beziehung zwischen Mensch und Tier zu fördern.
Gewöhnung
Gewöhnung bezieht sich auf den Prozess, bei dem ein Tier allmählich an einen bestimmten Reiz oder eine bestimmte Situation gewöhnt wird. Das Ziel ist es, eine positive Assoziation mit diesem Reiz zu schaffen, indem das Tier lernt, dass der Reiz nicht bedrohlich oder aversiv ist. Dies erfolgt oft durch schrittweises Exponieren des Tieres gegenüber dem Reiz in kleinen, gut verträglichen Dosen, bis das Tier nicht mehr ängstlich oder gestresst darauf reagiert. Gewöhnung ist besonders nützlich bei der Behandlung von Angst- oder Phobieverhalten bei Tieren.
Beispiel: Du gewöhnst deine Katze langsam und schrittweise an den Staubsauger, indem du sie wiederholt und allmählich an seine Gegenwart und Geräusche gewöhnst, ohne dass es zu positiven oder negativen Folgen kommt.
Beginne damit, den Staubsauger in der Nähe deiner Katze zu platzieren, wenn er nicht in Betrieb ist. Lass deine Katze den Staubsauger sehen, riechen und hören.
Sobald deine Katze ruhig bleibt und keine Anzeichen von Angst oder Stress zeigt, wenn der Staubsauger in der Nähe ist, kannst du ihn auch einmal anstellen, aber nur für kurze Zeit.
Wiederhole diesen Vorgang regelmäßig, indem du die Zeit, die der Staubsauger in Betrieb ist, allmählich erhöhst. Mit der Zeit wird deine Katze lernen, den Staubsauger als Teil ihrer Umgebung zu akzeptieren und nicht mehr darauf zu reagieren.
Gegenkonditionierung
Gegenkonditionierung ist ein Prozess, bei dem eine negative Reaktion auf einen bestimmten Reiz durch eine positive Reaktion ersetzt wird. Das bedeutet, dass das Tier lernt, den Reiz, der normalerweise eine unerwünschte Reaktion auslöst, mit etwas Angenehmem oder Positivem zu verbinden. Das Ziel ist es, die ursprünglich negative Reaktion des Tieres umzukehren und stattdessen eine positive Reaktion zu fördern.
Ein Beispiel für Gegenkonditionierung ist, wenn eine Katze Angst vor lauten Geräuschen hat, wie zum Beispiel an Silvester.
Der Besitzer spielt die Geräusche in leisem Ton ab und gibt der Katze dabei Leckerlis.
Auf diese Weise lernt die Katze, dass die Geräusche etwas Positives bedeuten, weil sie mit einer Belohnung verbunden sind.
So wird die negative Reaktion der Katze auf die Geräusche allmählich reduziert und sie kann entspannter damit umgehen.
Nach und nach wird die Lautstärke natürlich bei gleichzeitiger Gabe von Leckerlis erhöht.